Deckblatt Ausgabe 1/2022

 

 

 

So macht Kundenbetreuung für Hilfsmittel Spaß
Rauchmelder für Gehörlose und Hörgeschädigte
Scheinbare Ausnahme einer schnellen AKN Entdeckung

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Ecke des Vorsitzenden

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Vereinigung.
Corona verliert so langsam seinen Schrecken. In kleinen Schritten gewöhnen wir uns wieder an den Umgang mit unseren Mitmenschen.
Vielen von uns Akustikus Neurinom Betroffenen sind eingeschränkt durch eine Hörminderung was die alltägliche Kommunikation betrifft. Die Corona-Beschränkungen haben dazu geführt, dass sich viele Betroffene immer mehr zurückgezogen haben (soziale Isolation), weil die Hörsituationen so schwierig geworden sind, das trifft auch für Menschen zu, die Hörsysteme tragen. Die damit verbundene Hörentwöhnung beeinflusst unser Wohlbefinden. Die immer weniger stattgefundenen Treffen, zum Beispiel in einem Cafe, haben dazu geführt das wir das hören in einer solchen Umgebung, in der eine Vielzahl an Umgebungsgeräuschen vorherrschen, verlernt haben.
Die fehlenden Reize werden aber benötigt um das Gehirn zu trainieren um auch in schwierigen Situation zu hören.
Die Unterscheidung von wichtigen und unwichtigen akustischen Signalen leisten bestimmte Bereiche des Gehirns. Diese Fähigkeit des selektiven Hörens geht mit zunehmenden Hörminderungen nach und nach verloren. Die mit Hörsystemen zurückgewonnene Hörwelt muss dann erst wieder erschlossen und erfasst werden, damit das Gehirn die Potenziale zur Entschlüsselung erneut aufbauen kann. Das gilt auch für Menschen, die aufgrund bestimmter Umstände verschiedene Hörsituationen längere Zeit gemieden haben. Die Betroffenen müssen dann erst wieder lernen, die wichtigen von den unwichtigen akustischen Informationen zu unterscheiden und das Gehörte richtig zu deuten und gut zu verstehen. Mehr zu diesem interessanten Thema und weitere spannende Geschichten finden Sie unter: https://www.ihr-hoergeraet.de/hoerspaziergang/ Nutzen Sie die wieder gewonnenen Freiheiten und bieten Sie Ihrem Gehirn die Reize die es benötigt um auch in schwierigen Situation zu hören. Passen Sie gut auf sich auf und bleiben Sie gesund.

Ihr Rainer Löffler

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Themen in dieser Ausgabe:

Ecke des Vorsitzenden
Impressum
Fachberichte / Wissenschaft
Rauchmelder für Gehörlose und Hörgeschädigte
Ohren und Gehirn: Ein eingespieltes Team
Mitgliederversammlung
Kandidatinnen und Kandidaten für die Vorstandswahlen
Mitgliederversammlung
Kandidatinnen und Kandidaten für die Vorstandswahlen
Mitgliederversammlung
Erfahrungsbericht
So macht Kundenbetreuung für Hilfsmittel Spaß
Erlebnisse und Erfahrungen mit einer Mumpstaubheit
Scheinbare Ausnahme einer schnellen AKN Entdeckung
Gutes Hören ist Lebensqualität
Bericht zum Workshop am 25.09.2021 in München
Berichte aus den Regionalgruppen
Termine München
Seminar und Freizeit im Pallottihaus Freising
Würzburger Gesundheitstag / Digitaler Stammtisch
Akustikusneurinom Von der Therapie bis zur Nachsorge
Kontakte zu den Regionalgruppen / Veranstaltungshinweise
Der Vorstand - wir helfen - / E-Mail Kontakte
Mitgliedsantrag



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Rauchmelder für Gehörlose und Hörgeschädigte

Rauchmelder retten Leben
Der Tod kommt auf leisen Sohlen. Die überwiegende Mehrheit der Brandtoten fällt nachts dem Feuer zum Opfer. Dabei sterben 95 % an den Folgen einer Rauchvergiftung – nicht am Feuer selbst. Rauchmelder haben sich als kleine Lebensretter bewährt. Sie schlagen Alarm, sobald Rauch registriert wird. Viele Menschen empfinden den 85 db(A) starken akustischen Alarm von Rauchmeldern als unangenehm laut. Doch vor allem nachts nehmen Menschen mit verringertem Hörvermögen den Alarmton des Rauchmelders nicht wahr, vor allem dann nicht, wenn das Hörgerät ausgeschaltet ist. Gehörlose können den Warnton überhaupt nicht hören. Rauchmelder mit Blitzlicht und Rüttelkissen Für Menschen deren Hörvermögen beeinträchtigt ist, sind spezielle Lösungen auf dem Markt. Dabei wird ein sogenanntes Hörgeschädigtenmodul mit dem Rauchmelder über Funk vernetzt. Im Ernstfall übersetzt das Hörgeschädigtenmodul den Alarm auch in optische und haptische Signale in Form von starken Lichtblitzen und Vibrationen mittels eines Rüttelkissens, das zwischen Matratze und Bettrahmen oder unter das Kopfkissen gelegt werden kann. Dank der Funkvernetzung wird garantiert, dass sowohl Lichtsignal als auch Vibrationsalarm aktiviert werden, ganz gleich, welcher Melder in der Wohnung ausgelöst wird. Ebenfalls sind drahtlose Signalanlagen mit Funkübertragung erhältlich, die neben Babyruf, Telefon- und Haustürklingel-Benachrichtigung zusätzlich den Alarm von Rauchmeldern übermitteln. Dies geschieht ebenfalls in Form von Lichtsignalen und Vibrationsimpulsen auf mobilen Funkempfängern. Geeignete Produkte gibt es z.B. von Ei Electronics oder Humantechnik. Rauchmelder für Gehörlose: Kostenübernahme durch Krankenkasse Vorbeugender Brandschutz für Hörgeschädigte und Gehörlos ist mit gewissen Mehrkosten verbunden. Ein Hörgeschädigtenmodul mit Blitzleuchte und Vibrationskissen fürs Schlafzimmer kostet ca. 175 Euro. Für die Ausstattung einer 3-Zimmer-Wohnung mit drei funkvernetzten Rauchmeldern und einem Hörgeschädigtenmodul im Set sollte man ca. 500 Euro einplanen. Angeboten werden solche Sets von Herstellern wie Ei Electronics und Humantechnik. Seit 2014 haben hörgeschädigte Menschen einen Anspruch auf eine Rauchmelder-Lösung für Gehörlose, da diese Geräte auch in allen Bundesländern bauordnungsrechtlich vorgeschrieben sind. Damit fallen Rauchmelder unter § 33 SGB V und sind sogenannte “übernahmefähige Hilfsmittel”, deren Kosten von den Krankenkassen auf Antrag übernommen werden müssen. Die Kassen übernehmen auch Sets, beispielsweise bestehend aus Türklingel, Wecker und drei Rauchmelder mit mobilem Lichtblitzund Vibrationsmelder. Betroffene sollten sich direkt an ihren HNO-Arzt wenden – dieser ist der erste Ansprechpartner. Ausnahme Landesbauordnung in Sachsen-Anhalt In der Landesbauordnung von Sachsen-Anhalt steht (als einzigem Bundesland), dass die Rauchwarnmelder auf Verlangen für Menschen mit nachgewiesener Gehörlosigkeit mit optischen Signalen auszustatten sind. Das funktioniert zum einen so technisch nicht, zum anderen findet sich kein Hinweis auf ein Rüttelkissen (Vibrationsmelder). Das Konzept, bei dem die Installation zudem im Besitz des Wohnungseigentümers verbleibt und somit auch nicht mit bestehenden Systemen des Hörgeschädigten korrespondiert, wurde Anfang des Jahres von der Initiative “Rauchmelder retten Leben” deutlich kritisiert, auch mit Hinweis auf die bereits bestehende Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Ein vergleichbarer Entwurf für die Landesbauordnung in Bremen wurde nach Intervention der Initiative, des Gehörlosen-Verbandes und des Behinderten-Verbandes Bremen gestrichen, da die geplante Regelung keine Verbesserung der Situation Gehörloser und Gehörbehinderter mit sich bringt, vielmehr im Gegenteil sich für diese stark negativ auswirken würde. „Rauchmelder retten Leben“

http://www.rauchmelder-lebensretter.de

Geschäftsstelle: eobiont GmbH • Creative Communication Immanuelkirchstraße 3–4 | 10405 Berlin

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Ohren und Gehirn: Ein eingespieltes Team

Wie die Form unserer Ohren und die Kopfseite unser Hörvermögen beeinflussen Unser Gehirn kennt die Form unserer Ohren ganz genau. Denn sie beeinflusst, wie das Gehirn Geräusche wahrnimmt und interpretiert. Was passiert, wenn sich die Form unserer Ohren verändert, etwa durch Hörgeräte?

Auf einen Blick

* Jedes Paar Ohren bildet mit „seinem“ Gehirn ein einzigartiges Gespann.
* Studie belegt: Ändert sich die Form unserer Ohren, muss das Gehirn erst wieder lernen, Hörsignale richtig zu verarbeiten.
* Bei neuen Formen durch Operationen, Wachstum oder Hörsysteme richtet sich der Höreindruck neu aus.

Zusammen sind unsere Ohren und unser Gehirn wie eine erfolgreiche Sportmannschaft – ein eingespieltes Team. Ohne unsere Ohren könnte unser Gehirn keine Geräusche verarbeiten. Dass Trommelfell und Gehörknöchelchen dabei eine wichtige Rolle spielen, ist bekannt. Aber welche Rolle spielt die individuelle Form unserer Ohren? Von ihr hängt es ab, wie unser Gehirn Töne wahrnimmt und interpretiert. Es kennt unsere Ohrform ganz genau und ist perfekt auf diese abgestimmt. Je nachdem, wie die Schallwellen auf unser Ohr treffen und weitergeleitet werden, übersetzt sie das Gehirn für uns in unterschiedliche Informationen. Zum Beispiel können wir die Richtung oder die Entfernung einer Geräuschquelle richtig einschätzen, wenn wir einen Ton hören. Die Form der Ohren ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich – somit bildet jedes Ohrenpaar mit „seinem“ Gehirn ein einzigartiges Gespann.

Töne von oben oder unten?
Kanadische Forscher untersuchten, was passiert, wenn sich das Gehirn plötzlich an eine neue Ohrform anpassen muss (The Encoding of Sound Source Elevation in the Human Auditory Cortex, 2018). In einem Experiment klebten sie dazu kleine Silikonstücke auf die Ohrmuscheln ihrer Testpersonen und veränderten auf diese Weise deren Ohrform. Das Ergebnis der Studie ist verblüffend: Die Testpersonen konnten aufgrund der kleinen Silikonteile und ihrer deshalb veränderten Ohrform nicht mehr erkennen, ob ein Geräusch von oben oder unten kommt. „Als wir ihnen etwa einen Ton oberhalb ihres Kopfes vorspielten, glaubten sie, dass er von unten kam“, erläutert Prof. Dr. Marc Schönwiesner, Professor für Neurobiologie an den Universitäten Montreal und Leipzig. Das Gehirn ist jedoch extrem flexibel: Schon nach ein paar Tagen passte es sich an die neue Form der Ohren an und lernte, die Hörsignale wieder richtig zu bewerten. Die Testpersonen konnten wieder problemlos einschätzen, aus welcher Richtung ein Geräusch kam.


Neue Ohrform, neues Team
Die Form unserer Ohren ändert sich nicht nur durch Schönheitsoperationen, wie bei abstehenden Ohren oder Verletzungen am Ohr: Auch wenn wir wachsen, hat dies Auswirkungen auf die Form unserer Ohren. In all diesen Fällen ist es wie im Sport: Das Team aus Ohr und Gehirn muss trainieren, um wieder harmonisch und zuverlässig miteinander spielen zu können. Das verdanken wir der Anpassungsfähigkeit unseres Gehirns: „Ein Gehirn ist keine Maschine, die einmal eingestellt rund funktioniert, sondern ein Gehirn lebt und kann sich auch auf neue Situationen einstellen“, sagt der Neurowissenschaftler Henning Beck.

Neue Ohrform durch Hörgeräte
Hätten Sie’s gewusst? Umlernen muss das Gehirn auch, wenn jemand aufgrund einer Hörminderung Hörgeräte bekommt. Denn auch Hörsysteme ändern die Form unserer Ohren, da sie im oder am Ohr getragen werden. Die Ergebnisse der kanadischen Studie helfen dabei, die Gewöhnung an Hörgeräte besser zu verstehen. Dies ist ein Prozess, bei dem Träger von Hörsystemen eng mit ihrem Hörakustiker zusammenarbeiten. Er oder sie nimmt neue Einstellungen und Anpassungen vor – so lange, bis sein Kunde voll und ganz zufrieden und vor allem wieder gut hörend ist.

Ich bin – besonders rechts – ganz Ohr
Nicht nur die Form unserer Ohren ist entscheidend dafür, wie und was wir hören. Auch die Seite des Kopfes, auf der sie sitzen, spielt eine Rolle: Forscher in den USA haben herausgefunden, dass unser rechtes Ohr dem linken Ohr oft überlegen ist. So konnten sich Testpersonen beispielsweise besser an zuvor gehörte Ziffern folgen erinnern, die sie mit dem rechten Ohr gehört haben. Die Erinnerung an Ziffern, die mit dem linken Ohr gehört wurden, war schlechter. Warum das so ist, ist allerdings noch nicht endgültig erforscht. Aber es gibt bereits Vermutungen: Das rechte Ohr hat Zugang zur linken Gehirnhälfte. Sprache wird hauptsächlich in der linken Gehirnhälfte verarbeitet, denn dort sitzt unser Sprachzentrum. „Das, was am rechten Ohr ankommt, kann dann auch besser sprachlich verarbeitet werden. Und dann könnte es sein, dass man sich besser daran erinnert“, erklärt Neurowissenschaftler Henning Beck.

Quelle:
https://www.ihr-hoergeraet.de/form-unserer-ohren/
www.bvhi.org